26. Juli – CSD-Mainz – Nie wieder still

Am Samstag, dem 26. Juli 2025, war es wieder so weit: Unter dem Motto „Nie wieder still“ lud Schwuguntia in Mainz zum CSD und wir von der Amnesty International Hochschulgruppe Mainz waren mit dabei!

Die Demo startete um 14 Uhr am Fischtorplatz und zog bunt, laut und kämpferisch durch die Innenstadt – mit Musik, Stopps und klaren politischen Botschaften. Die Abschlusskundgebung auf dem Gutenbergplatz war kraftvoll und inspirierend, bevor es weiter zum politischen Straßenfest an den Malakoff-Terrassen ging.

Wir haben uns dieses Jahr mit einem eigenen Infostand und einem Redebeitrag an der Veranstaltung beteiligt. Am Stand informierten wir über unsere Arbeit zu LGBTIQ*-Rechten weltweit, sammelten Unterschriften für Petitionen und führten viele intensive, wertschätzende Gespräche mit interessierten Besucher*innen.

Es waren deutlich mehr Menschen da als erwartet. In Zeiten, in denen die queere Community weltweit und auch in Deutschland unter wachsendem Druck steht, ist es umso wichtiger, dass wir zusammenstehen und laut bleiben. Die Stimmung war trotzdem (oder gerade deswegen) voller Liebe, Solidarität und Lebensfreude.

Wir danken allen, die vorbeigekommen sind, mit uns gesprochen, unterschrieben und sich für Menschenrechte eingesetzt haben.

Unser Redebeitrag zum CSD Mainz:

Seit meinem Outing haben mir queere Veranstaltungen, besonders der CSD, unfassbar viel gegeben. Für mich ist der CSD ein Ort, an dem ich ganz ich selbst sein darf. An dem ich tragen kann was ich will, egal ob meine Klamotten als maskulin gewertet werden oder ich viel Haut zeigen möchte. Egal wie bunt oder ausgefallen, egal wie wenig ich in die Norm passe, hier bin ich willkommen. Ich kann Händchen haltend mit einer Frau laufen, sie in den Arm nehmen und küssen, ohne dass uns jemand anstarrt, beschimpft oder sexualisiert. Ich kann ich selbst sein und dieses Gefühl zieht sich durch die ganze Menschen Menge. Es ist dieser eine Tag, der die Stadt mit bunten Farben erhellt und die Straßen mit Liebe füllt. Ich sehe so viele wunderschöne und außergewöhnliche Menschen hier. Ich spüre das Verständnis und die Liebe, die sich die Menschen hier entgegenbringen. Dieser Tag erfüllt mich mit so viel Wärme und Liebe, dass ich mich fast unbesiegbar fühle.

Doch ich weiß auch, dass die Welt nicht immer so aussieht. Nach dem CSD in Wiesbaden wurden 2 Freundinnen und ich auf dem Weg nach Hause von einem fremden Mann homophob angegriffen, bespuckt und beleidigt. Dieser Hass in seinen Augen, Hass auf meine Liebe, meine Art zu Leben, meine bloße Existenz, einfach so ohne ein Wort mit mir zu wechseln. Und das nach einem Tag voller Liebe. Das war ein harter Schlag für mich. Zu wissen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist, dass die queere Community noch so viel mehr ertragen muss. Ich weiß, dass schwule Männer oft eine andere Art von Aggressionen erfahren. Dass zwei sich liebende Männer eine Bedrohung für das Patriachat und toxische Männlichkeit sind. Ich weiß, dass Trans und nicht-binäre Personen gerade überall auf der Welt attackiert werden. Sie verlieren nach und nach alle so hart erkämpften Rechte. In den USA werden sie Stück für Stück aus dem öffentlichen Leben gestrichen. Eintragungen in Pässen werden geändert, das Wort Trans aus offiziellen Dokumenten gestrichen. Trans Personen beim Militär sind gezwungen sich zu outen und müssen um ihren Job bangen. Bildung und Aufklärung jenseits des binären Geschlechtersystem wird unterbunden.

Überall auf der Welt werden Pride Demonstrationen eingeschränkt und angegriffen. Ungarn verbietet Pride Paraden, in der Türkei werden die Demonstrationen immer wieder verboten oder eingeschränkt. Und auch hier in Deutschland gibt es mehr und mehr Gegendemonstrationen und Angriffe auf den CSD. In Gelsenkirchen musste der CSD in diesem Jahr wegen akuter Bedrohungslage abgesagt werden, auch die CSDs in Regensburg und Wernigerode mussten einen Angriff fürchten, da sie im Vorfeld massiv bedroht wurden. Es wird von Gegendemonstrationen und einem Aufgebot an Nazis in Emden, Wetzler und Pforzheim berichtet. Und am Bundestag soll nun nicht mal mehr die Regenbogenflagge gehisst werden dürfen.

In vielen Ländern dieser Welt steht Homosexualität noch unter Strafe, in manchen Ländern wird sogar die Todesstrafe verhängt. Menschen werden verfolgt und verletzt. Ich spüre den Schmerz queerer Menschen überall auf der Welt.

Doch wir dürfen uns von diesem Schmerz nicht lähmen lassen. Wir müssen aktiv werden, uns verbinden und uns gemeinsam gegen den Hass stellen. Zum Glück sehe ich auch viel hoffnungsvolles auf dieser Welt. Der Bürgermeister von Budapest hat sich gegen das Verbot der Pride gestellt, Menschen aus ganz Europa haben sich zusammen getan und so eine Rekordzahl von 200.000 Demonstrierenden erreicht, die in Ungarn ihre Vielfalt feierten. In ganz Deutschland stellen sich queere Menschen und viele ihrer Allis gegen den Hass, gegen die Nazis. Es werden Gegendemonstrationen blockiert und die Nazis vom marschieren abgehalten. Auch Amnesty ist dieses Jahr vor allem in kleinen Städten auf den CSDs vertreten, um für Sicherheit und Aufklärung zu sorgen. Denn nach der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gilt nach wie vor das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts. Liebe ist ein Menschenrecht. Es ist wichtig, dass wir uns jetzt nicht weiter spalten lassen, sondern näher zusammenrücken. Trans und nicht binäre Menschen haben schon immer an vorderster Front gestanden, um für die Rechte queerer Menschen zu kämpfen und sie mussten schon immer am meisten einstecken. Lasst uns die Anfänge der Stone Wall Riots nicht vergessen. Es waren vor allem People of Colour und Trans Personen, die die Kämpfe angeführt haben. Wir müssen Seite an Seite stehen, unabhängig von Geschlecht, der Herkunft, der Religion oder wen wir lieben. Wir müssen gemeinsam Hand in Hand gegen jegliche Art der Unterdrückung kämpfen. Und wir brauchen dazu auch viele Verbündete.

Lasst uns für eine Zukunft kämpfen, in der sich niemand von uns mehr outen muss. Dieses Gefühl, wenn man das erste Mal mit der Familie und den Freunden über das Intimste Reden muss und ihrem Urteil ausgesetzt ist. Dieser Klumpen im Hals und die Panik im Kopf bevor sich die Worte bilden. Ich möchte in einer Zukunft leben, in der wir keine Aufklärungsarbeit mehr über uns selbst leisten müssen, darüber wer wir sind, warum wir sind wie wir sind und warum wir lieben wie wir lieben. Ich sehe eine Zukunft, in der wir uns küssen und uns Lieben dürfen ohne Angst zu haben bedroht zu werden. Eine Zukunft, in der meine Beziehung erstgenommen wird und nicht als sexuelle Fantasie für heterosexuelle Cis-Männer gilt. Ich sehe eine Zukunft, in der es kein Problem ist, Religion und Queerness zu vereinen. Eine Zukunft, in der wir alle einfach gleich sind, weil wir Menschen sind. Ich weiß, dass diese Zukunft möglich ist!

An alle Queers lasst euch das Leuchten nicht nehmen, seid laut, seid bunt, seid stolz und lasst uns gemeinsam die Zukunft zum Strahlen bringen, in all den wunderschönen Farben des Regenbogens.

29. Juli 2025