03. Mai – From the River to the Sea we demand Equality

Am 03. Mai rief die Initiative FreePalestine zu einer Demonstration in Mainz auf, um auf die aktuelle Lage in Gaza und den besetzten palästinensischen Gebieten aufmerksam zu machen. Wir von der Amnesty International Hochschulgruppe Mainz unterstützten den Aufruf und nahmen an der Demonstration teil. Hier kommst du zum Reel von FreePalestine.

Unsere Position und Forderungen als Amnesty International:

  • Es braucht jetzt einen dauerhaften Waffenstillstand aller Konfliktparteien, um die humanitäre Katastrophe zu beenden und die Freilassung aller Geiseln zu ermöglichen. Dafür muss sich die deutsche Bundesregierung jetzt einsetzen.
  • Wir gedenken der Getöteten und Verletzten auf beiden Seiten!
  • Menschlichkeit und Menschenrechte gelten für alle gleich!

Wir fordern daher zudem von den Konfliktparteien:

  • den wirksamen Schutz der Zivilbevölkerung,
  • die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln,
  • die vollständige Achtung des humanitären Völkerrechts,
  • die Aufklärung und Aufarbeitung der Verbrechen vom 7. Oktober.
  • eine dauerhafte Lösung des Konflikts unter Wahrung des internationalen Rechts und der universellen Menschenrechte.
Fotos: Alina Dittmar

 

Rede von Meike Wirz

Liebe Mainzer*innen,

ein Mitglied unserer Amnesty Hochschulgruppe hat folgende Rede geschrieben, die ich nun vortragen darf.

Ich habe mich beim Schreiben dieser Rede gefragt, was soll ich dir denn heute noch erzählen? Was weißt du noch nicht? Wie kann ich deine Aufmerksamkeit bekommen?

Du liest doch von dem Ausmaß der Zerstörung. Du kennst doch die täglich steigenden Zahlen der Toten… Mittlerweile 50.000 Menschen, fast 20.000 Kinder.
Du hörst die Zahl. Du hörst, dass 20.000 Kinder getötet wurden. Doch für dich ist es nur eine Zahl. 1, 2, 3, 4, 5,… Wie lange würdest du zählen, um jedes tote Kind gezählt zu haben?
Würden wir für jedes durch Israel getötete palästinensische Kind eine Sekunde schweigen, schwiegen wir 5,5 h. 19 995, 19 996, 19 997, 19 998, 19 999 …

Hinter Zahlen stehen Gesichter mit Geschichten, eine ausgelöschte Kindheit, eine ausgelöschte Zukunft.

Ahmad ist 3 Jahre alt. Es war Nacht. Er lag in seinem Bett und hat geschlafen. Wovon hat er wohl geträumt? Es hätte eine Nacht sein sollen, wie du sie hast: Ohne Angst, in Sicherheit, schöne Träume. Doch seine Nächte sind anders als deine. Seine sind von Unsicherheit geprägt. Und diese eine Nacht war für ihn besonders schrecklich. Ahmad lag in seinem Bett und schlief. Doch andere Menschen entschieden Leid über die Familie zu bringen. Die Bombe, die sich ihren Weg durch die Luft bahnte, traf sein Zuhause. Die Explosion verletzte sein Bein. Irgendwann entzündete sich die Wunde. Ahmad wurde ins Krankenhaus im Süden des Gazastreifens gebracht. Den Ärzten dort fehlten die Medikamente, um die Entzündung zu behandeln. Sie entschieden sich deshalb, Ahmad den Unterschenkel zu amputieren. Ein Krankenhaus ohne Medikamente ist nur ein Bettenlager.

Ahmad ist 3 Jahre alt. Die 3-Jährigen, die ich kenne, sind im Kindergarten mit anderen Kindern, lieben es verstecken zu spielen und im Garten Trampolin zu springen. Ahmad wurde diese Zukunft genommen. Während deutsche Kinder die Möglichkeit haben im Garten sorgenfrei herumzutoben, haben die Kinder in Gaza diese Freiheit nicht. Er ist in diesem Krankenhausbett, ohne Bein und mit schrecklichen Schmerzen…

Und warum ist er da? Weil es keine Medikamente gegeben hat, um die Entzündung zu behandeln. Und wieso gibt es keine Medikamente? Weil die israelische Regierung die Lieferung humanitäre Hilfen weiterhin blockiert. Das soll Selbstverteidigung sein? Nein… Das ist einfach nur grausam. Das ist ein Kriegsverbrechen. Das sagen nicht nur wir von Amnesty.

Dann gibt es da auch noch Dina. UNICEF-Mitarbeitende haben die 13-Jährige im selben Krankenhaus wie Ahmad getroffen. Zuvor war ihr Zuhause völlig zerstört worden. Ihre Eltern und zwei ihrer Brüder sind dabei gestorben. Dina selbst wurde schwer verletzt und verlor ihr rechtes Bein.

Warum soll es richtig sein, dass Kindern ihre Eltern genommen werden, Familien willentlich zerstört werden, Familienmitglieder ihre Angehörige vor ihren Augen verlieren sehen.

Aber Dina ist stark. Sie muss stark sein. Die Hoffnung hat sie nie verloren. “Ich empfinde Ungerechtigkeit”, sagte sie. “Wenn ich groß bin, werde ich Anwältin und kann meine eigenen Rechte und die Rechte aller Kinder durchsetzen.”

Dina ist so stark. Sie muss so stark sein. 13 Jahre… mit Hoffnung, Träumen von einer besseren Zukunft, einer Zukunft von mehr Gerechtigkeit.

Aber wenige Tage nach Treffen der UNICEF-Mitarbeitenden mit Dina, am 17. Dezember, ordnete Israel einen Luftangriff auf das Krankenhaus an.

Dina war so stark. Sie musste so stark sein. 13 Jahre… ihre Hoffnung unter den Trümmern verschüttet, ihre Träume von einer besseren Zukunft ausgelöscht. Wie viel Ungerechtigkeit kann die Zukunft unserer Welt noch tragen?

Dina wurde ermordet. Ermordet von der israelischen Regierung. Ermordet in einem sinnlosen Krieg.

Dina wurde ermordet, weil die Israelische Regierung alles bombardiert, ohne Rücksicht auf Zivilpersonen, Kinder und Infrastruktur. Israel hat Schulen und Krankenhäusern den Schutzstatus aberkannt. Selbstverteidigung – sagt Israel. Weil Zivilpersonen eine Gefahr darstellen? Weil Schulen und Krankenhäuser gefährlich sind? Weil Israel in Kindern eine Bedrohung sieht? Sagt mir, warum?

Und was machen wir? Was machst du? Du hörst die Zahlen in den Nachrichten. Und noch am selben Abend hast du sie vergessen. Heute Abend wirst du auch Ahmad vergessen haben, Dina vergessen haben. Vergessen, dass während du sorglos schläfst, anderswo Menschen um ihr Leben fürchten.

Mit deinem Vergessen bist du mitverantwortlich für den Genozid in Gaza. Indem du die Augen verschließt mit du Mitschuld an der Ermordung von unschuldigen Menschen. Mit deinem Schweigen unterstützt du den Genozid, das systematische Aushungern und Erfrieren von Menschen, von Babys durch unser Geld und dein Geld finanziert dieses Grauen mit. Mit deinen Steuern unterstützt die Bundesregierung Israel bedingungslos. Und Israel begeht vor aller Augen einen Völkermord. Bist du denn wirklich dafür, dass das mit deinem Geld passiert? Wenn du nicht dafür bist, warum schweigst du?!

Wir von Amnesty International stehen heute wieder vor euch. An der Seite der FreePalestine Bewegung Mainz, die seit anderthalb Jahren auf die Gräueltaten in Gaza, in den besetzten palästinensischen Gebieten aufmerksam machen.

Du, vorbeigehende Person an der Straße: Wir flehen dich an: Bitte höre endlich zu! Bitte mache endlich die Augen auf! Das, was internationale Menschenrechtsorganisation euch sagen, das was der Internationale Strafgerichtshof euch sagt, die Bilder, die Berichte. Das alles ist die erschreckende Wahrheit, vor der man nur allzu gerne die Augen verschließen möchte. Aber das dürfen wir uns, auch um unseret Willen, um unserer Menschlichkeit willen, nicht erlauben. Der Genozid passiert. Genau vor deinen Augen. Guck hin! Sage nicht im Nachhinein, dass du nicht wusstest was geschieht. Oder dass der Konflikt, ja der Krieg, so kompliziert sei. Es ist nichts daran kompliziert, menschlich zu handeln, einen Waffenstillstand zuzustimmen und den Stopp von Waffenlieferungen zu fordern.

Höre auf zu Schweigen! Denn wenn du schweigst, bist du mitschuldig!

Vielen Dank

13. Mai 2025